Das Bemühen um den Artenschutz treibt derzeit seltsame Blüten. Natürlich ist es wichtig, dass JEDER von uns etwas für den Artenschutz
tut. Die Möglicheiten sind ja zahlreich. Das fängt bei der Bepflanzung des Gartens und des Balkons an. Es endet da, wor wir als Verbraucher unsere Macht ausüben. Deshalb: kauft Bio, kauft
regional oder pflanzt so viel wie möglich selbst an.
Der Schutz der Natur und der Arten führt leider auch dazu, dass findige Menschen eine Geschäftsidee für sich entdecken. Jetzt werden sie dann bald wieder angeboten. Die Nutzlosigkeit bleibt
außen vor. Worum geht es?
Patenschaften für Blühwiesen
Findige Menschen verpachten Blütenwiesen - teilweise zu Preisen von einem Euro pro Quadratmeter. Dazu schrieb mir gestern ein Landwirt auf Anfrage (Kopiert, Rechtschreibung wird übernommen):
"Klar krieg ich für die Fläche auch Geld von Staat und das Saatgut kost mich auch nichts. Aber wenn ich für jeden qm noch ein Euro dazukrieg ist doch super! Ist ja nicht schlecht für die Natur.
Die leute wollen doch was tun die wollen doch jetzt aufeinmal Insekten schützen"
Das heißt im Klartext: Jemand kassiert für eine Blumenwiese, die sowieso eine Blumenwiese wäre - was zudem staatlich gefördert wird,
zusätzlich einen Euro pro Quadratmeter Fläche - also 10000 Euro pro Hektar für einen relativ geringen Arbeitsaufwand. Und das, weil Leute ihr Gewissen beruhigen wollen. Daran ist zunächst
nichts Verwerfliches, denn es ist ja nicht verboten.
Und unter dem Strich hat das Ganze zwei Vorteile:
1. Der Landwirt verdient Geld
2. Der Pächter, der einen Teil des Ackers pachtet, beruhigt sein grünes Gewissen.
AUS!
MEHR IST ES NICHT!
Man muss sich als Pächter oder Interessent darüber im Klaren sein, dass diese, mit einer Samenmischung bepflanzten Äcker, für den Artenschutz nichts bringen. Die Gründe sind sehr schnell
dargestellt.
1. Wir wissen schon von den Zwischenfruchtanbauten und den Blühstreifen, dass die verwendeten Samenmischungen mit heimischen Wildblumen überhaupt nichts zu tun haben. Der Inhalt besteht oft
aus Mauretanischer Malve, Sonnenblumen, Buchweizen, Borretsch usw. Diese Pflanzen stillen in keinster Weise die Bedürfnisse unserer heimischen Insekten. Die Artenvielfalt wird nicht gefördert
oder unterstützt durch Blühflächen, die hauptsächlich aus Exoten bestehen.
Die Ernährung und Ansiedelung heimischer Insekten kann mit solchen Blüh-Äckern nicht gelingen. Falls überhaupt werden nur selten mal einige Insekten eine Futterpflanze finden. Anders als die
Honigbiene sind die meisten Insekten eben keine Generalisten. Sie sind auf spezielle Futterpflanzen angewiesen, die man aber auf solchen Feldern nicht finden wird. Insofern wird zwar die
Honigbiene und andere Genralisten fündig, wenn sie auf Nahrungssuche sind. Die sind aber nicht vom Aussterben bedroht und eine Kinderstube finden sie dort auch nicht.
Denn:
2. Äcker sind kein Lebensraum! Diese Blühflächen werden in der Regel im Herbst, spätestens aber im Frühjahr darauf, umgebrochen, also
umgeackert. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie man hier von einem Schutz für die heimischen Natur sprechen kann. Alles was sich zur Umbruchszeit auf diesen Äckern befindet, was also
im Laufe des Sommers dort unter Umständen Schutz gefunden hat, wird mit dem Umackern getötet! Schmetterlingsraupen, die sich tatsächlich dort ansiedeln, werden im nächsten Jahr nicht als
bunte Schmetterlinge durch über die Wiesen flattern und eine ganze Generation an Käfern, bodenlebenden Bienen, aber auch Blindschleichen, kleine Echsen, Kröten usw. wird vernichtet.
Artenschutz kann keine Vernichtung beinhalten. Vernichtung ist aber die Konsequenz solcher Greenwashing-Aktionen.
Wer Artenvielfalt will, kann das nicht mit blühenden Äckern erreichen. Die Parzellen auf diesen Äckern können noch so viel Geld kosten: Für den Artenschutz sind sie wertlos. Unsere heimischen
Arten benötigen dringend heimische Wildpflanzen. Sie brauchen Lebensräume, die nicht mitsamt der nächsten Generation umgeackert werden. Sie benötigen Platz je nach Art. Sie brauchen Zeit,
damit die Entwicklungsstadien abgeschlossen und somit Lebenskreisläufe geschaffen werden. Blühende Äcker tragen zu alldem nichts bei! Spart euch also euer Geld und setzt es dafür ein, dass
diese Grundlagen geschaffen werden! Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel: Natürich gibt es auch Blühflächen, die auf Dauer angelegt sind. Erst kürzlich habe ich in einem Fernsehbericht
gesehen, dass Naturschützer große Flächen gekauft habe und sie zu Magerwiesen umgewandelt haben - ein Prozess, der Jahre in Anspruch nimmt. Magerwiesen aber sind Flächen, auf denen eine
ungeheurliche Artenvielfalt vorzufinden sind, die unsere heimischen Insekten so dringend benötigen, um Wohnraum und Nahrung zu finden.
Patenschaften für Bienenvölker
Genauso schlimm aus meiner Sicht verhält es sich mit Bienenpatenschaften. Ein mir seit langem Bekannter Imker hat für seine 16 Völker
Patenschaften angeboten. Das ist ganz einfach: Ihr gebt ihm 50 Euro und dann bekommt ihr ein Zertifikat, wo draufsteht, dass ihr Bienenpate seid. Ihr bekommt auch noch drei Gläser Honig! Wenn
euch der Honig zugesendet werden muss, dann müsst ihr für den Versand nochmal zehn Euro zusätzlich bezahlen. Zu meinem Erstaunen tun das viele Leute tatsächlich: Sie kaufen für ein Jahr eine
Bienenpatenschaft Das freut diesen Imker sehr, denn er hat auf diese Weise für das Ausdrucken eines Zettels (Zertifikat) 32 Euro verdient (50 Euro minus 18 Euro die er für die drei Gläser Honig
im Verkauf verlangt hätte).
Das ist alles schön und gut, denn jeder kann ja fremden Menschen Geld für die unsinnigsten Aktionen, Waren oder Dienstleistungen
geben. Dennoch sollte der geneigte Bienenretter aber doch darüber nachdenken. Denn retten tut er damit überhaupt nichts.
1. Die Honigbiene ist NICHT IN GEFAHR. Nein, sie hat den Schutz der Bevölkerung in keinster Weise nötig.
Lasst euch nicht über den Tisch ziehen! Auch wenn es heute weniger Bienenvölker gibt, als noch vor dreißig Jahren: Solange es Imker gibt, wird es Honigbienen geben. Wir haben ein viel
geringeres Nahrungsangebot als noch vor dreißig Jahren. Es ist nicht problematisch, dass es weniger Honigbienen gibt. Es gibt jedenfalls genug. Es gibt so viele Bienenvölker, dass man
tatsächlich nicht mal in seinen wildesten Albträumen davor Angst haben muss, dass die Honigbiene in Deutschland ausstirbt. Wer das behauptet, erzählt Märchen oder will euch das Geld für
Unsinniges aus der Tasche ziehen: für eine Bienenpatschenaft. Die Honigbiene wird von Imkern gehegt und gepflegt. Es gibt sie reichlich. Inbesondere deshalb, weil immer mehr sich ein
Bienenvolk anschaffen, um "etwas für die Natur zu tun". Genau das passiert aber nicht, wenn man sich ein Bienevolk in den Garten stellt. Sollte sich die Situation irgendwann ändern, während
der Zeit, die ich noch zu leben habe, dann werde ich euch darüber informieren.
2. Gehen wir davon aus, dass die Honigbienen dringend geschützt werden müsste (was nicht so ist!) und ihr übernehmt eine Patenschaft für eines der Völker eines Imkers: Dann gibt es nicht eine
enizige Biene mehr. Der Imker hat nur mehr Geld mit einem seiner Völker verdient.
Ihr tut sehr viel Gutes, wenn Ihr Euren Honig bei einem Imker in der Nachbarschaft kauft, oder etwa auf dem Wochenmarkt, wo es sicher auch immer einen oder mehrere regionale Imker geben wird.
Damit sichert ihr dem Imker sein Überleben und somit auch seinen Bienen.
Wer dagegen DRINGEND
unseren Schutz und unsere Hilfe braucht, das sind einzig und allein die WILDBIENEN! Für die bekommt ihr aber keine Patenschaft. Wenn ihr also Geld für Artenschutz ausgeben wollt, dann sucht
euch eine wirklich sinnvolle Aktion zum Schutze der Wildbienen!
Informiert euch gut, überlegt gut, lasst euch nicht über den Tisch ziehen. Umweltschutz, Naturschutz, Artenschutz - das sind unfassbar wichtige Themen. Und jeder sollte etwas tun, jeder KANN
etwas tun. Aber setzt euch und euer Geld mit Bedacht und zielgerichtet für den Schutz der Arten und der Umwelt ein! Sonst ist rausgeworfenes Geld - für euch und für den Artenschutz!
Eine gute Zeit! Eure Conny