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Des Rehkrickerls neue Kleider

So hingen sie damals in bayrischen Wohnzimmern, Treppenhäusern und Essecken: Rehkrickerl
So hingen sie damals in bayrischen Wohnzimmern, Treppenhäusern und Essecken: Rehkrickerl

Als ich ein Kind und eine Jugendliche war, da hingen diese Rehkrickerl an allen Wänden. Hier im ländlichen Bereich waren sie aus der Wohnkultur kaum wegzudenken. Sie hingen schön angerichtet mit Hirschgeweihen und ausgestopften Füchsen und Dachsen an Wänden. Sie waren allgegenwärtig.

Heute sieht man sie nur noch selten. Meistens bei eher alten Menschen, oder natürlich bei Freunden der Jagd.

Es sei dahingestellt, ob man sie mag oder nicht, oder ob man sie schön findet, oder grässlich... Sie passen im Grunde auch nicht mehr in den modernen Lebensstil und landen deshalb vermehrt auf dem Müll, wie mir kürzlich ein Flohmarktler frustriert erzählt hat.

Jeder der mich kennt weiß es: Ich hasse es, wenn Sachen auf den Müll geworfen werden. Und wenn diese Krickerl nicht zum Wohnstil passen, dann müssen sie eben passend gemacht werden. Und bitte keine Grundsatzdiskussion über Tiere und Tierleid und über die Jagd. Diese Tiere sind tot. In der Regel seit Jahrzehnten. Und sie werden nicht wieder lebendig, wenn man ihre Überreste einfach auf den Müll wirft.

 

Vielleicht kennt der eine oder andere von euch Gustl. Gustl war auch ein weggeworfenes Rehkrickerl, das ich mir erbettelt hatte. Ihn habe ich damals in mühevoller Kleinarbeit mit winzigen Strasssteinen beklebt. Die Mühe hat sich gelohnt. Er war am Ende wirklich ein Strahlemann. Er ging trotz seines stolzen Preises von 120 Euro (das Aufkleben einzelner Strasssteine dauert, außerdem waren das besonders hochwertige und teuere Steine) an eine junge Dame, die kurz vorher Urlaub in Bayern gemacht hatte und sich ein Stück weit die Bayrische Kultur nach Hause holen wollte.

Heute habe ich überlegt, wie man diese Teile denn auf eine Art und Weise aufhübschen könnte, die am Ende nicht zu einem Luxusgut führt. Immerhin hat nicht jeder einfach mal so 120 Euro locker in der Tasche.

Beim Stöbern in meinen Materialien bin ich dann auf Embossingpowder gestoßen. Und warum nicht einmal ein Material zweckentfremden?

Dieses Material hab ich vor Jahren, als die Kinder noch klein waren, zum dekorieren von selbstgebastelten Karten oder auch Seiten im Fotoalbum verwendet. Es handelt sich dabei um Kunstharzpulver in verschiedenen Farben oder glasklar, oft mit viel Glitzer und Glimmer. Einige Restbestände aus meiner Stempelzeit stammen noch von Heindesign (unbezahlte Werbung), die die wunderbarste Stempel- und Materialkollektion der Welt hatten und wohl immer noch haben. 

Auch von Rayher, die mich ebenfalls nicht für diesen Hinweis bezahlen, sind noch Reste da und so begann ich, dieses Krickal, das inzwischen auf den Namen Karl hört, zu bearbeiten.
Das Puder wird in der Regel auf einen durchsichtigen Stempelaufdruck aufgebracht. Dafür gibt es spezielle Stempelkissen.

Wenn ihr solche Flächen mit Embossingpowder bearbeiten wollt, tragt den "Stempelaufdruck", der ja eigentlich als eine Art Kleber fungiert, am Besten direkt mit dem Stempelkissen auf. Darauf kippt ihr großzüigig das Pulver. Es klebt an der Stempelmilch fest, so dass der Überschuss abeklopft werden kann. Ich klopfe das auf ein Blatt Papier, so dass ich zu viel genommenes Pulver wieder zurück ins Döschen kippen kann. Gleich im Anschluss habe ich das so aufgetragene Pulver ganz vorsichtig, damit ich es nicht wieder wegpuste, mit dem Fön erhitzt. Durch das Erhitzen wird das Kunstharzpulver geschmolzen und bildet einen schönen, glänzenden, plastischen Belag.

 

Ich habe dann verschiedene Flächen erneut behandelt, teilweise auch mit einem anderen Pulver, um Farbunterschiede zu erzeugen. Nach einigem Hin und Her, tupfen, beschütten und schmelzen war ich dann ganz zufrieden mit meinem Werk. Wie findet ihr die Idee? Karl ist jetzt glänzend und glitzernd und damit ist er auf jeden Fall fit für das moderne Wohnzimmer oder auch für die Diele. Er ist ja jetzt ein echtes Schmuckstück.

Karl in neuem Glanz. Wenn ihr auch noch Rehkrickerl im Keller liegen habt, werft sie nicht weg!
Karl in neuem Glanz. Wenn ihr auch noch Rehkrickerl im Keller liegen habt, werft sie nicht weg!

Sein Geweih, das übrigens sehr schön und gleichmäßig ist, habe ich teilweise mit einem bronzefarbenen Pulver bearbeitet. Der Kopf ist silber und weißglitter.

So ein hübsches Köpfchen muss man nicht in den Müll werfen. Ihr findet Schönheiten wie Karl immer mal wieder im Shop unter der Kategorie Wohndeko.


Lasst es euch gut gehen und habt viel Spaß beim Nacharbeiten!

 

 

 

 

Kommentare: 1
  • #1

    Hanni (Dienstag, 26 Januar 2021 18:59)

    Sehr schöne Arbeit. Mir gefallen die, was ich von dir hab aber besser. Freu mich auf die Neueröffnung vom Shop!